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Bauernbund will Änderung des Agrarmarktstrukturgesetzes

In einem Schreiben an die Agrarminister des Bundes und der Länder hat sich der Präsident des Deutschen Bauernbundes Kurt-Henning Klamroth dafür ausgesprochen, im Agrarmarktstrukturgesetz eine Klausel zu verankern, wonach Milchlieferverträge in Deutschland grundsätzlich Menge und Zeitraum sowie einen Festpreis enthalten müssen. Der Brief im Wortlaut:

Sehr geehrte Damen und Herren,

der Deutsche Bauernbund begrüßt außerordentlich die Ausrichtung des Rundes Tisches Milch im Nachgang zur Agrarministerkonferenz von Fulda und hat sich aktiv an den Diskussionen beteiligt. Dabei konnte über die vom BDM vorgeschlagenen und auch von uns favorisierten angebotssteuernden Maßnahmen zur Entlastung des Milchmarktes keine Einigkeit gefunden werden. Vor allem der DBV verweigert sich diesem konstruktiven Lösungsansatz, ohne überzeugende eigene Vorschläge zu machen, wie die Milchmenge kurzfristig reduziert werden soll. Die vom DBV in die Diskussion gebrachten Liquiditätshilfen und Lagerhaltungsprogramme bringen keine Marktentlastung, sondern verlängern nur die Krise.

In dieser unbefriedigenden Situation rücken die bereits auf der ersten Sitzung des Runden Tisches festgestellten mittelfristig wirksamen Maßnahmen in den Focus – zumal sie bei gutem Willen aller Beteiligten kurzfristig umzusetzen sind. Weitgehende Einigkeit konnte darüber erzielt werden, dass das System der Liefer- und Abnahmebeziehungen auf den Prüfstand gehört. Aus unserer Sicht besteht hier großer Handlungsbedarf, weil damit durch einfache, auf nationaler Ebene umsetzbare Schritte die Marktposition der am Ende der Wertschöpfungskette produzierenden Erzeuger nachhaltig gestärkt werden kann. Die gegenwärtig praktizierten Milchlieferverträge mit Andienungspflicht und nachträglicher Preisfestsetzung stammen noch aus der „Mottenkiste" des dörflichen Genossenschaftswesens und schwächen die Erzeuger gegenüber multinationalen Konzernstrukturen auf unerträgliche Weise. Solche Regelwerke passen einfach nicht mehr in unsere Zeit und hätten eigentlich spätestens mit dem Auslaufen der Milchquote abgeschafft werden müssen.

Der Deutsche Bauernbund schlägt daher eine Änderung des Agrarmarktstrukturgesetzes vor, in der verbindlich festgelegt wird, dass ein Milchliefervertrag für in der Bundesrepublik Deutschland erzeugte Milch – ganz gleich, ob mit Genossenschaftsmeierei, Privatunternehmen oder Erzeugergemeinschaft – mindestens folgende Punkte enthalten muss:
1. Liefermenge und Lieferzeitraum (mindestens 4 Monate, höchstens 4 Jahre)
2. Fester Preis für Liefermenge und Lieferzeitraum, bezogen auf durchschnittliche Qualitätsparameter (4,0% Fett, 3,4% Eiweiß, Zellen und Keime nach Güteklasse 1) sowie feste, in Prozent anzugebende Preiszu- und -abschläge bei deren Über- oder Unterschreitung
3. Entscheidung über Komplettandienung oder variable Andienung innerhalb des Lieferzeitraums, verbunden mit einem festen Preiszuschlag im Falle der Komplettandienung
4. Entscheidung über Teilnahme oder Nicht-Teilnahme an Spezialprogrammen (z.B. Biomilch, Heumilch, Weidemilch, gentechnikfreie Milch), verbunden mit einem festen Preiszuschlag im Falle der Programmteilnahme
5. Informationspflichten der Vertragspartner bei variabler Andienung, Vertragsstrafen bei Nichterfüllung
Ausdrücklich nicht mehr zu gestatten sind dagegen eine Preisanpassung innerhalb des Lieferzeitraumes oder eine Koppelung an die Preise anderer Marktteilnehmer sowie die gesonderte Ausweisung von Preiszu- und -abschlägen aufgrund bestimmter Abholungsstandorte oder Abholungsmengen.

Eine solche Änderung des Agrarmarktstrukturgesetzes würde die Erzeuger gleichberechtigt auf eine Ebene mit ihren Marktpartnern stellen. Sie würde Markttransparenz schaffen und die Verarbeiter zu marktgerechtem verlässlichen Handeln zwingen, indem der Preiswettbewerb um Listung von Milchprodukten im Lebensmitteleinzelhandel nicht mehr flexibel nach unten abgepuffert werden kann. Sie hätte eine marktstabilisierende Funktion, indem sich Vertragslaufzeiten im Preistief verringern und damit ein weiteres Absinken verhindern, während sie sich im Preishoch verlängern und damit einen fortgesetzten Anstieg bremsen. Nicht zuletzt hätte sie eine mengenbegrenzende Wirkung, weil durch Wegfall der Abnahmepflicht Wachstumsschritte langfristiger geplant werden müssten.

Die Durchsetzung verbindlicher Vorgaben für die Ausgestaltung von Milchlieferverträgen gehört zum EU-Milchpaket, einem als Verordnung 2012 in Kraft getretenen Bündel von Maßnahmen, die die EU-Kommission den nationalen Regierungen eröffnet hat, um die Marktposition der Erzeuger zu verbessern. Bei den Diskussionen am Runden Tisch Milch haben sich ausnahmslos alle Erzeugerorganisationen unserem Vorschlag gegenüber positiv geäußert. Dass der DBV sich dabei zu nicht mehr als Allgemeinplätzen durchringen konnte, ist nicht neu – widersprochen hat er definitiv nicht. Aus Sicht der deutschen Bauern gibt es jedenfalls keinen Grund, diesen lange überfälligen Schritt noch länger aufzuschieben.

Ich bitte Sie eindringlich, bei der Tagung der Amtschefs am 8. Dezember das Nötige zu veranlassen, damit in Deutschland künftig faire Milchlieferverträge gelten.

Mit freundlichen Grüßen
Kurt-Henning Klamroth, Präsident