Volle Getreidesilos, niedrige Erzeugerpreise - seit drei Jahren drückt billige ukrainische Ware auf den Markt und stellt zunehmend die Wirtschaftlichkeit des Ackerbaus in FrageDer Bauernbund Brandenburg hat die Wiederherstellung des handelspolitischen Vorkriegszustandes bei einem Friedensschluss im Ukraine-Konflikt gefordert. „Die Zollgrenze zur Ukraine muss jedenfalls wieder geschlossen werden, keinesfalls darf das Land in die Europäische Union“, sagte Bauernbund-Präsident Lutz Wercham. Seit drei Jahren würden Billigimporte von Weizen, Gerste, Mais und Zuckerrüben sowie weiteren Agrarprodukten aus der Ukraine die Märkte in den europäischen Nachbarländern ruinieren mit desaströsen Einkommensverlusten vor allem bei den Marktfruchtbetrieben. Zusätzlich würden die Russland-Sanktionen über massiv gestiegene Düngerpreise höhere Produktionskosten verursachen, kritisiert der 39jährige Ackerbauer aus Wilhelmsaue im Oderland: „In Brandenburg stehen wir dabei besonders unter Druck mit unserer starken Ausrichtung auf Ackerbau und den vergleichsweise schwachen Böden.“ Wenn die Preismisere anhalte, werde es immer schwerer, die heimische Landwirtschaft und Kulturlandschaft noch gegen Spekulanten, Solarparks und Wildnisprojekte zu verteidigen, befürchtet Wercham und verlangt daher einen sofortigen Einfuhrstopp für ukrainische Agrarprodukte.
Der Getreidemarkt sei ein globaler Markt, räumt der Bauernbund ein, aber für die Getreideerzeuger in Brandenburg mache es einen gewaltigen Unterschied, ob die Exporte der Ukraine auf der traditionellen Schwarzmeer-Route direkt in die Mittelmeer-Länder und nach Afrika gelangen oder auf dem Umweg über die polnischen und deutschen Ostseehäfen. Wercham: „Die großen Mühlen und Lagerhäuser hierzulande füllen ihre Getreidesilos mit billiger ukrainischer Ware und drücken damit bei uns die Preise.“
Die Notwendigkeit von Schutzzöllen begründet Wercham mit der Wettbewerbsverzerrung durch niedrigere soziale und ökologische Standards. So sind in der Ukraine Pflanzenschutzmittel zugelassen, die in der Europäischen Union seit langem nicht mehr angewendet werden dürfen, der Mindestlohn für Landarbeiter beträgt umgerechnet einen Euro pro Stunde. Darüber hinaus sieht der Landwirt aber auch ein grundsätzliches Problem beim Freihandel mit dem osteuropäischen Land: „Aufgrund ihrer fruchtbaren Schwarzerdeböden ist die Ukraine eine klassische Agrarüberschussregion – selbst wenn alle Standards angeglichen würden, könnte sie uns preislich immer unterbieten.“ Angesichts wachsender weltweiter Sicherheitsrisiken müsse die heimische Landwirtschaft Vorrang haben, verlangt der Bauernbund. Einen weiteren Verlust von Ackerflächen und Betrieben könne Brandenburg sich nicht mehr leisten, die Versorgung der Bevölkerung mit Lebensmitteln auch in Krisenzeiten sei systemrelevant.
